Das alltägliche Leben mit einer Riesenrasse

Das alltägliche Leben mit einer RiesenrasseWie wäre es wohl, das Zuhause mit einer Deutschen Dogge, einem Neufundländer oder einem Irish Wolfhound zu teilen? Solch ein Vertreter einer Riesenrasse ist unbestrittener Favorit vieler Hundefreunde, doch bevor man sich für so einen Giganten entscheidet, gibt es ein paar Dinge zu bedenken.

Dimensionen der XXL-Hunde

Für den Anfang kann man sich schon denken, sie brauchen mehr Futter und mehr Platz – sie belagern das größte Teil des Bettes und das komplette Sofa. Und bei der Gassirunde können sie mit Leichtigkeit ihren Menschen von den Füßen ziehen, wenn sie plötzlich etwas Interessantes in der Ferne entdecken.
Große, schwere Hunde können aufgrund ihrer Körpermasse gesundheitliche Probleme entwickeln.
Es lohnt sich daher ein Vergleich verschiedener Hundekrankenversicherungen und OP-Versicherungen, denn benötigte Medikamente und Arztrechnungen kommen teurer als bei einem kleineren Hund. Auch eine Hundehaftpflicht ist angebracht. Lassen wir die Notfälle einmal außen vor – auch das alltägliche Leben kann zu Situationen führen, die man sich vorher niemals vorgestellt hätte. Hier sind ein paar Dinge, die zukünftige Hundehalter über ihren Wunschhund wissen sollten, bevor so ein großes Tier ins Haus geholt wird.


Theken, Fußböden…

Es kann der am besten erzogene Hund in seiner Spielgruppe sein, doch leider besteht kontinuierlich die Neigung zu Unfällen. Vorsorglich sollten daher alle zerbrechlichen Gegenstände von Couchtischen oder anderen Bereichen weggeräumt werden, die in Hundehöhe sind. Eine Deutsche Dogge kann mit einem einzigen Schwanzwedeln das teure Porzellan auf den Boden fegen.
Darüber hinaus wird das eigene Essen auf der Arbeitsplatte oder dem Esszimmertisch nicht länger in Sicherheit sein. Einige große Hunde entwickeln sich zu notorischen Theken-Surfern, da für sie alles Verlockende auf Nasenhöhe steht. Sie schnappen sich blitzschnell die Pizza, die gerade frisch aus dem Ofen kommt oder das Stück Butter, welches da steht, um weich zu werden, die frisch zubereiteten, duftenden Frühstückshörnchen und den Braten, der nur noch aufgeschnitten werden soll – nichts ist sicher. Erfahrene Riesenrasse-Liebhaber stellen sogar die Mülleimer auf den Kühlschrank und lagern alles Essbare außer Reichweite, wenn sie für einen Moment die Küche verlassen müssen.

…und die Zimmerdecke

Riesenhunde können auch auf unterer Ebene ein wahres Riesendurcheinander verursachen. Genau wie neulich der Mann im Fast-Food-Restaurant, der seinen Burger wie ein Wolf verschlungen hat und dabei den ganzen Tisch und sich selbst mächtig vollgekleckert hat. Das gibt zukünftigen Besitzern von Mastiff, Dogge oder Leonberger eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie der Hund und die Küche nach einer Mahlzeit aussehen könnten. Sicher, es gibt bestimmt einige riesige Hunde mit manierlichen Essgewohnheiten, aber in den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass der große Kerl nach dem Essen eine Gesichtswäsche braucht, vor allem, wenn er einen Bart oder Gesichtsfalten hat. Vorsorglich sollte man sich gleich ein Handtuch zum Abwischen bereithalten und einen Kamm, um Futterreste zu entfernen. Arbeitsflächen und Fußböden sind aber keinesfalls die Grenze für Riesenrasse-Schmutz – sogar die Zimmerdecke kann in Mitleidenschaft gezogen werden. Wie ist das möglich, fragt man sich leicht ungläubig. In einem Wort: sabbern. Neufundländer, Bluthunde, Bernhardiner und andere Spezialisten können Mengen von Speichel in Höhen schleudern. In betroffenen Haushalten muss man sich darauf einrichten, Decken und Wände alle zwei bis drei Jahre neu zu streichen – oder lernen, mit Tropfstein-Optik zu leben.


Angepasste Ernährung

Es ist selbstverständlich, dass Riesenhunde mehr Energie benötigen als ihre normal großen Brüder, obwohl man wahrscheinlich feststellt, dass sie doch weniger Nahrung brauchen, als erwartet. Große Hunde haben jedoch einige spezielle Ernährungsbedürfnisse, insbesondere heranwachsende Junghunde.
Es ist leicht zu denken, dass Giant-Welpen eine zügige Gewichtszunahme brauchen, um schneller ihre endgültige Größe zu erreichen, aber gerade das Gegenteil ist der Fall. Eine langsame und gleichmäßige Wachstumsrate produziert erwachsene Hunde mit gesünderen Gelenken.
Um diese Fehlernährung durch zu hohen Proteinanteil in der Nahrung zu vermeiden, kann speziell auf Giant-Rassen ausgerichtetes Fertigfutter gegeben werden. Nach Fütterungsanweisung gegebene Trockenfutter von Royal Canin, Hill´s und Happy Dog versprechen eine optimale Ernährung. Die Kroketten sind auf das Gebiss abgestimmt, sodass der Hund kauen muss (zu kleine Stückchen werden in Windeseile heruntergeschlungen und die besorgten Besitzer füttern dann oft zu viel) und die Rezepturen sind auf Junghunde sowie erwachsene und ältere Tiere abgestimmt. Alternativ kann der Veterinär einen Fütterungsplan für Halter ausarbeiten, die selbst kochen oder barfen möchten. Ein wichtiger Termin im Zeitplan ist die Umstellung auf Erwachsenenkost – in der Regel liegt er zwischen dem 12. und 24. Lebensmonat. Wer die Säcke mit dem Hundefutter nicht schleppen mag, kann in Online-Shops  bestellen und bequem nach Hause liefern lassen.

Verspricht körperliche Größe frühe Mobilität?

Ein Riesenrasse-Welpe von einigen Monaten mag groß genug aussehen, um zusammen mit seinem Halter joggen zu gehen, aber seine Skelettreife erreicht er erst zwischen 18 Monaten und 2 Jahren. Springen und Laufen auf harten Oberflächen sind ein sicherer Weg, die später zu orthopädischen Problemen führen. Es ist wichtig, sie am Herauf- und Herunterspringen von Möbeln zu hindern sowie übermäßiges Toben und Rennen auf Fliesenböden einzuschränken.
Von Treppen können besondere Gefahren ausgehen. Einige Züchter raten, langbeinige Rassen wie Scottish Deerhounds oder Irische Wolfshunde im Welpenalter nicht selbst Treppen benutzen zu lassen, da sie sich schnell die Knochen brechen, wenn sie fallen. Das bedeutet, der Welpe sollte möglichst über Treppen getragen werden, oder man kann eine seitliche Rampe über die Stufen installieren. Notfalls können Sperren (z.B. Kindergitter oder Fliegendrahtrahmen) angebaut werden, sodass er im Haus nur bestimmte Wege gehen kann.

Herauf, herab, herüber

Mit Treppen können auch Schwierigkeiten für die Eigentümer auftreten, die gerade keine professionellen Bodybuilder sind. Vor allem, wenn für den Notfall kein Aufzug zur Verfügung steht. Sind Sie bereit, Ihren Mastiff die Treppe hinauf und hinunter zu tragen, wenn er alt oder krank ist? Stubenreinheit muss auch ein Welpe der Riesenrasse erst erlernen. Es ist für den Halter nicht die einfachste Aufgabe, wenn es einmal schnell gehen muss, ihn fürs Geschäft nach draußen zu bringen. Bereits mit vier Monaten kann er durchaus schon mehr wiegen, als man bequem tragen kann.
Die Größe des Hundes ist nicht nur ein Thema zu Hause, auch auf der Straße kann es mit ihm ein Abenteuer werden. Ein Riesenrasse-Hund wird nicht unbedingt in einen Kleinwagen passen – zumindest nicht, wenn er seine körperliche Reife erreicht. Ein Upgrade auf ein größeres Fahrzeug sollte daher in absehbarer Zeit eingeplant werden. Um ihn dann das neue Fahrzeug zu bekommen, muss eventuell eine Rampe oder ein Aufstieg angeschafft werden. Ein Markenprodukt ist unbedingt empfehlenswert. Es sollte sehr robust, mit einer rutschfesten Oberfläche und einer Begrenzung an den Rändern versehen sein.

Ein Blick auf die Gesundheit

Wie mit der Ernährung haben Riesenrassen besondere Bedürfnisse, wenn es zur Sterilisation kommt. Studien zeigen, dass zu früh durchgeführte Eingriffe das erhöhte Auftreten bestimmter Krankheiten, einschließlich Osteosarkom (Knochenkrebs), beeinflussen können. Es empfiehlt sich eine Beratung beim Tierarzt über den besten Zeitpunkt, die Operation auf der Grundlage der bekannten Risiken zu planen. Wenn der Hund einen tiefen Brustkorb hat, kann man den Veterinär fragen, ob bei dem Eingriff gleichzeitig der Magen chirurgisch geheftet werden könne. Der Eingriff nennt sich Prophylaktische Gastropexie und soll die gefürchtete Magendrehung verhindern.

Wie gesagt, riesige Hunderassen können erstaunliche Begleiter sein – jedenfalls so lange, bis man weiß, worauf man sich einlässt. Doch potenzielle Käufer einer Riesenrasse sollten sich nicht von gängigen Vorurteilen verunsichern lassen. Meist stimmt gar nicht, was an negativen Dingen verbreitet wird. Verfechter dieser Gerüchte versuchen, die liebenswerten Giganten in ein schlechtes Licht zu stellen, so wie mit nachfolgenden Behauptungen:

Große Hunde sind aggressiver
Die Angst vor großen Hunden ist sehr verbreitet. Wir wetten, dass Sie (oder ein Bekannter) mehr Angst vor großen Hunden als vor kleineren Rassen haben. Obwohl auf den ersten Blick ihre Statur bereits einschüchternd wirken kann, so ist es in der Regel nicht zutreffend, dass große Hunde aggressiver als ihre kleineren Pendants sind. Wer nur eine Stunde mit einem liebevollen Leonberger verbracht hat, wird zweifellos zustimmen, dass viele große Rassen in der Regel auch große Softies sind.

Große Hunde rennen lange Distanzen
Große Hunde erscheinen sportlicher als kleinere, doch dazu braucht es andere Voraussetzungen. Laufen ist eine belastende Aktivität, die besonders bei großen Rassen bestimmte orthopädische Leiden, einschließlich der Hüftdysplasie, verschlimmern kann. Kein Welpe, unabhängig von der Größe, kann von dem Tag an, wo er nach Hause kommt, sofort Marathon-Touren mitlaufen. Mit der optimalen Ernährung wachsen die Muskeln langsamer, sodass auch Knochen und Gelenke genügend Zeit zur Entwicklung haben. Wenn jemand einen Laufpartner sucht, hat es für einen kleineren Hund den Vorteil, durch geringeres Gewicht seine Gelenke nicht zu sehr zu stauchen. Das heißt aber nicht, große Hunde ganz von Aktivitäten fernzuhalten, denn jeder Hund braucht Bewegung, um fit zu bleiben. Am besten fragt man den Züchter oder den Veterinär, ab wann man mit dem Laufen beginnen kann, wie lange eine Trainingsrunde dauern darf und welche anderen Sportarten noch für den Hund geeignet sind.

Große Hunde können nicht in Wohnungen leben
Jeder große Hund braucht ebenso großen Raum zum Leben, oder? Nicht ganz. Fast jeder Hund kann glücklich in jedem Heim leben, solange ihre Bedürfnisse nach Bewegung und Aktivität zufriedengestellt werden können. Diese Aussage gilt natürlich mit Vorbehalten. So denken viele Leute, dass beispielsweise Windhunde enorm viel Platz zu laufen benötigen, um ausreichende Bewegung zu bekommen. Richtig, und nach der aktiven Phase machen sie es sich für den Rest des Tages auf dem Sofa bequem. Sogar ein riesiger Mastiff kann ein guter Wohnungshund sein, solange man nicht in die Situation kommt, ihn hoch in den vierten Stock tragen zu müssen.

Große Hunde sind kritische Entscheidungen für Haushalte mit Kindern
Bei der Suche nach einem Hund, der gut mit Kindern auskommt, sollte man bedenken, dass die Persönlichkeit mehr wiegen kann als allein die körperliche Größe. Es stimmt, dass Riesenrassen, zu denen alle Hunde ab 45 Kilogramm Körpergewicht zählen, beim turbulenten Spiel versehentlich kleine Kinder umwerfen können. Dieses Anliegen geht allerdings in beide Richtungen, wenn einige Kinder zu rau mit kleinen, fragilen Rassen umgehen. Große Hunde können fantastische Spielkameraden und lebenslange beste Freunde für Kinder sein, solange beide Seiten unterrichtet werden, sicher zu interagieren und bei dem Spiel immer eine Aufsicht dabei ist.

 

Bild: © Depositphotos.com / Drago_Nika